Bereits im letzten Schuljahr haben wir uns im Unterricht mit verschiedenen Gedenkstätten in Baden-Württemberg beschäftigt. Uns hat das Thema sehr interessiert, weshalb wir als Klasse SGGG 13/2 am 07.10.2021 mit unseren Lehrkräften Frau März und Herrn Faßnacht nach Leonberg zur KZ- Gedenkstätte gegangen sind. Als wir dort um 9 Uhr ankamen, wurden wir zunächst von einem ehrenamtlichen Lotsen empfangen, der uns vom Alten Friedhof bis zum ehemaligen Engelbergtunnel begleitete.

Unsere Klasse hat sich im letzten Schuljahr in der Bildungsplaneinheit „Demokratie und Diktatur“ mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Im Zuge der Stunde „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ waren wir letztes Schuljahr auch schon bei der Gedenkstätte am Nordbahnhof – „Zeichen der Erinnerung“, ganz in der Nähe unserer Schule.

Unser Lotse hat uns während der Führung in Leonberg von den vielen schrecklichen Schicksalen der Inhaftierten der KZ Außenstelle erzählt:

Man wurde zum Häftling, wenn man nicht zur Volksgemeinschaft gehörte, das hieß damals: jüdischen Glaubens zu sein, Widerstand zu leisten, der „falschen“ Partei anzugehören u.v.m. Überwiegend wurden arbeitsfähige Männer aus dem Ausland und Zwangsarbeiter, die nicht arbeiten wollten, nach Leonberg gebracht. Wir haben durch die Biografien herausgefunden, wie man Häftling wurde und wir haben erfahren, dass heute nur noch ein Zeitzeuge am Leben ist, Avraham Ari.

Als nächstes haben wir erfahren, wie die Stadt Leonberg mit dem KZ damals und heute umgegangen ist bzw. umgeht. Früher hat die Stadt die Geschichte des Arbeitslagers verdrängt und hat minimalen Aufwand betrieben, um einen Gedenkweg zu erstellen. Die Menschen damals in Leonberg hätten immer gesagt, dass sie nichts mitbekommen hätten. Es gab aber trotzdem Menschen in Leonberg, welche den Häftlingen Essen zusteckten.

Der Alltag der Häftlinge war grauenvoll. Ihre Arbeit war energieaufreibend und sehr anstrengend, da sie zwölf Stunden am Tag unter lautem Lärm ihre Arbeit verrichten mussten. Außerdem waren die Hygienemaßnahmen sehr schlecht. Die Häftlinge mussten in Schichten arbeiten, damit die Betten ausreichten. Sie hatten wenig zu essen und trinken, die Sanitäranlagen waren nicht bzw. kaum vorhanden. Nachdem im Lager Typhus ausbrach, wurde auf dem Engelberg ein Massengrab errichtet, in das man die gestorbenen Häftlinge warf. Identifizierte Häftlinge wurden während der Aufarbeitung in ihre Heimat gebracht und dort begraben oder auf dem Friedhof in Leonberg in richtigen Gräbern begraben. Das KZ bestand aus einem alten und neuen Lager. Erschreckend war für uns als Klasse, dass ein Galgen auf dem Gelände aufgestellt worden war. Dieser diente als Abschreckung für andere Häftlinge, die mit dem Gedanken spielten zu fliehen.

 

Warum wollten die Nationalsozialisten überhaupt den ehemaligen Engelbergtunnel nutzen? Diese Frage haben wir uns auch gestellt. Die Antwort darauf ist relativ einfach: Man merkte, dass der Krieg Ende 1944 immer schwieriger zu gewinnen war und setzte deshalb auf den Bau von Düsenflugzeugen der Firma Messerschmitt. Die Nationalsozialisten erhofften dadurch die Flughoheit im zweiten Weltkrieg zurückzuerlangen. Der Engelbergtunnel wurde als Produktionsstätte für die Tragflügel des Flugzeuges gewählt, weil er vor Bombenangriffen der Alliierten gut geschützt war.

Warum war uns diese Exkursion so wichtig?

In Erinnerung rufen. Eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Denn die Verbrechen der Nationalsozialisten, dürfen und sollten niemals in Vergessenheit geraten. Aufgrund dessen hat sich unsere Klasse dazu entschieden, die Dokumentationsstätte im alten Engelbergtunnel in Leonberg zu besuchen. Es war uns wichtig, den Schulstoff nicht nur theoretisch zu behandeln, sondern die Dimensionen der Verbrechen vor Ort zu begreifen. Denn nur so wird man sich über das eigentliche Ausmaß bewusst. Besonders die Zeitzeugenzitate in der Ausstellung im Engelbergtunnel erweckten Emotionen und regen zum Nachdenken an. Zusätzlich bot die Führung weitreichende Einblicke in einzelne Geschichten der Gefangenen und enttarnte die trügerische Schönheit der heutigen Wohngegend, die bis vor 75 Jahren noch ein Konzentrationslager war, in dem viele Menschen einen grausamen Tod starben. Um die entwürdigten Menschen zu ehren, ist es wichtig sich die Zeit zu nehmen und zu gedenken. Denn da leider mittlerweile viele Zeitzeugen verstorben sind, ist es unsere Aufgabe die Erlebnisse und Geschichten weiterzuvermitteln, um in Zukunft eine solche Situation vermeiden zu können.

 

Solche Gedenkstätten sind gerade in Zeiten, in denen immer mehr Menschen rassistisches und nationales Gedankengut vertreten, extrem wichtig, um aufzuzeigen, welche Schäden diese Art des Denkens verursachen kann.